mehriran.de – Zuschlagen und Feindbilder nähren – so könnte man die derzeitige Taktik der Sicherheitskräfte in Iran im Umgang mit den Nematollah Gonabadi Derwischen bezeichnen. Laut der Webseite „Shabtab News“ folgt das Regime in Iran einem minutiösen Plan zur Zerschlagung des Nematollah Gonabadi Sufi-Ordens. Trotz temporärer Rückschläge für das Ziel des Regimes den Orden gewaltsam zu zerschlagen, spielt das Regime weiterhin die Karte der Desinformation und der wiederholten Attacken aus. Wir schildern hier die Hintergründe der Attacken und berichten über die an dem Plan Sufitum in Iran zu beseitigen beteiligten Personen.
Titelblatt der Kayhan in Iran
mehriran.de – Mitte Februar 2018 gingen in Teheran Sicherheitskräfte massiv gegen eine Gruppe von Gonabadi Derwische vor. Im 7. Golestanquartier, Bezirk Pasdaranallee hat es mehrere Tote, zahlreiche Verletzte und über 300 verhaftete Derwische gegeben. Das massive Vorgehen der Behörden wurde von einer beispiellosen Desinformationskampagne über die Ereignisse und die Derwische begleitet.
Zu den Ereignissen und Vorwürfen: https://mehriran.de/artikel/angriffe-und-gleichzeitig-diskreditierungskampagne-gegen-sufi-derwische-in-teheran.html
Die Sadegh Laridschani unterstellten Justizbehörden wollen mit aller Härte und Konsequenz gegen Derwische im ganzen Land vorgehen. Sprecher der Derwische erwarten eine Säuberungswelle. Es gibt Befürchtungen, dass eine Phase der Identifizierung als Mitglied des Ordens einsetzt, um die dann identifizierten Personen anzuklagen und womöglich hinzurichten oder zu langen Haftstrafen zu verurteilen.
Seit der Verhaftung von 300 Derwischen am 19. Februar 2018, wird in den Gefängnissen Evin, in Faschafiyah und Gartschak versucht mittels Folter falsche Geständnisse zu erpressen, um den Derwischen die durch das Regime verbreiteten Unterstellungen in den Mund zu legen. Zusätzlich werden in aller Öffentlichkeit weitere Mitglieder des Ordens in ganz Teheran aufgegriffen, beschimpft, bedroht und verhaftet. Es liegen mehrere Videoausschnitte vor, die deutlich zeigen, in welcher Form Derwische in den Gefängnissen behandelt werden. Diese Behandlung verstößt gegen internationale Konventionen über Rechte von Menschen, die in Gewahrsam genommen wurden. [https://english.shabtabnews.com/2018/02/27/the-strategy-of-the-iranian-regime-against-the-gonabadi-sufi-order-for-eradicating-the-foundation-of-sufism-and-mysticism-in-iran/]
In den auf der Shabtab News-Seite zugänglichen Videos sind Handlungen von Seiten der Polizei, der Justiz und des Geheimdienstes zu sehen, die klar gegen Bürger- und Menschenrechte verstoßen. In einem der Clips ist eine Szene der Verwüstung aus einem Wohnhaus in der Golestanstraße nach dem Angriff der Sicherheitskräfte zu sehen.
Stimmen offizieller Regimevertreter
In einem Auftritt im offiziellen staatlichen Fernsehen am 22. Februar 2018 gesteht der Chef der Teheraner Polizei, General Hossein Rahimi, dass sogar der Einsatz von Panzerfäusten gegen die Derwische während der letzten Proteste diskutiert wurde.
Der direkt dem Obersten Führer Ali Khamenei berichtende Generalmajor Mohammad Bagheri, Chef des Generalstabs, hat sich auch für den Einsatz brutaler Methoden und tödlicher Waffen im Umgang mit den Derwischen öffentlich ausgesprochen. Seine harte Haltung drückt Bagheri auch zum Einsatz iranischer Militärkräfte in Syrien aus. Er hat am 25. Februar 2018 einer Feuerpause im syrischen Ost-Ghouta eine klare Absage erteilt. Bagheri betonte, das Regime in Iran würde einer Resolution des UN Sicherheitsrats keinerlei Beachtung schenken und die Säuberungen in der betroffenen Region fortführen. Das Wesen des Regimes kommt nirgendwo deutlicher zu Tage als in solchen Aussagen. Ziel sind Ausgrenzungen und Säuberungen, um eine eigene Ideologie in Reinform zu implementieren.
Freitagsprediger hetzen gegen Derwische
In einer öffentlichen Rede am 23. Februar bezichtigte der Kleriker Ahmad Alam al-Hadi in der Stadt Maschhad, Sufis als eine britische Sekte, die aus dem Iran vertrieben werden sollte.
Die beiden hochrangigen Geistlichen Nouri Hamedani und Makarem Schirazi machen sich schon seit Jahren stark für eine Auslöschung der Sufis in Iran. Sie gelten als einflussreich innerhalb der Nomenklatura. Am 24. Februar verlangten sie erneut eine verschärfte Vorgehensweise gegen Sufis, eine Entfernung der Sufis aus Iran und die Auslöschung des Gonabadi Ordens im Land.
Die koordinierten Freitagspredigten vom 23. Februar in ganz Iran bezeichneten Gonabadi Sufis als Schwerverbrecher und forderten die Todesstrafe für alle Sufis und die Auslöschung der Bewegung in Iran.
Kazem Seddiqi predigte am Sonntag, 25. Februar 2018, vor einer Gruppe paramilitärischer Bassidschi, wobei er verlangte, den Derwischen Hände und Füße zu amputieren und sie massenhaft zu erschießen. Danach wurden Gruppen von Bassidschi auf die Straße geschickt, um Parolen gegen Sufis zu skandieren, besonders gegen Gonabadi Derwische und ihr Oberhaupt. In den Parolen werden die Sufis als Daesch/ISIS etikettiert und ihre Hinrichtung gefordert.
Kommentare und Berichte der Presse in Iran
Die Tageszeitungen Kayhan und Vatan sind Sprachrohre der Sicherheitsorgane und der Revolutionsgarden. Sie setzen in ihren Berichten von den Ereignissen am 21. und 22. Februar 2018 Sufis mit Daesch/ISIS Terroristen gleich. Sufis werden als Mörder und Terroristen bezeichnet. Es wird in den Artikeln aufgerufen, falls nötig, alle Derwische in Iran zu massakrieren und die Weltanschauung der Sufis im Iran mit Stumpf und Stiel zu entfernen.
Die den Sepah-e Pasdaran nahestehenden Nachrichtenkanäle wie Javanonline, Kayhan und Farsnews konstruieren Verbindungen zwischen den jüngsten Ereignissen und dem in Paris lebenden Gründer der Internationalen Organisation zum Schutz der Menschenrechte (IOPHR) Seyed Mostafa Azmayesh und behaupten er habe die Ereignisse inszeniert und gesteuert.
Politiker und Regimevertreter gegen Sufis
Andere hochstehende Regimevertreter hatten schon früher behauptet, alle Sufi Aktivitäten in Iran dienten dazu den Gegnern Irans zu zeigen, dass das Regime Kontrolle über das Land verloren habe und ein Sicherheitsproblem bestehe. So stellte unter anderem auch der Parlamentsabgeordnete Hassan Nowroozi eine Verbindung zwischen Sufis und Großbritannien sowie den USA her. Er forderte zugleich die härtesten Strafen gegen Derwische und die Schleifung aller Sufi-Versammlungszentren im Land.
Mohsen Araki ist Kopf des Weltverbandes für die Annäherung der Islamischen Rechts- und Denkschulen (Majma Jahani Taghrib Mazaheb Islami). Er zielte seinen Angriff auf Dr. Tabandeh und verlangte, ihn endlich zu verhaften, da er nicht in der Situation der Eskalation die Gonabadi Derwische aufgefordert habe ihren Verteidigungsring aufzugeben, sondern die Toten und Verletzten sowie die Gewalt erst nach den Ereignissen bedauert habe.
Auch der Chef der Justiz, Sadegh Laridschani, äußerte sich am 26. Februar kraft seines Amtes. Er bestätigte die Anweisung an die Teheraner Staatsanwaltschaft und den Justizapparat, die Verteidiger ihres Oberhauptes schnell zu bestrafen.
Tasnim News hat am 26. Februar ein Interview mit dem Chef der Polizei in Iran, Brigadiergeneral Hussein Aschtari, geführt. Aschtari erhob darin neue Vorwürfe gegen die Derwische und gab bekannt, man habe im Zusammenhang mit den jüngsten Zusammenstößen im Golestanviertel Beweise für eine Unterstützung durch innere und äußere Agenten der Derwisch Proteste gefunden. Der Zweck der Proteste sei gewesen, die öffentliche Sicherheit in Iran zu stören und das Regime ins Wanken zu bringen.
Die konzertierte Aktion des Regimes mit Unterstellungen, Erfindungen und verbalen Angriffen über mehrere Kanäle und durch verschiedene Akteure ist auffällig. Sprecher der Derwische halten das Vorgehen des Regimes für einen raffinierten Gesamtplan, der zur Auslöschung ihres Daseins in Iran führen soll.
Einige Kommentatoren der Ereignisse in Iran halten das Vorgehen des Regimes als einen weiteren Angriffe Irans auf den Weltfrieden, indem weitere Zwietracht zwischen Europa und den USA gesät werden soll.
Webseiten, die diesem Artikel zu Grunde liegen:
Weiterführende Informationen:
https://www.rferl.org/a/iran-dervhishes-sufi-explainer-tabandeh/29051140.html
https://www.iranhumanrights.org/tag/gonabadi-dervishes/
© mehriran.de // Helmut N. Gabel für mehriran.de