Der Präsident Irans kann keine Staatsbesuche machen
Ebrahim Raisi ist seit August 2021 der neue Präsident Irans. Sein Aufstieg wurde über Jahre vorbereitet. Seine Karriere fußt auf massivem Blutvergießen. Der scheinbar richtige Mann für die kommenden Jahre und doch die schlechteste Option.
Für viele Beobachter waren die Selektionsvorgänge bei der Auswahl der Präsidentschaftskandidaten ein klares Signal, dass Chamenei seinen Mann durchbekommen wollte. Jetzt ist der Kreis der Männer, die ihm potentiell widersprechen könnten, weiter geschrumpft. Raisi gilt dem System und dem Obersten Führer gegenüber als loyal. Dass er skrupellos handeln kann, hat er bewiesen, als er in den 80er Jahren Tausende von Todesurteile unterschrieben hat. Dafür ist er auf seinem Weg zum Staatsamt des Präsidenten mit attraktiven Posten belohnt worden. Unter anderem hat er die größte religiöse Stiftung (Astan-e Quds Razavi) geleitet, die über viele Milliarden Dollar verfügt.
Sein Präsidentenamt ist bei einer Wahlbeteiligung von unter 50% nur schwach legitimiert. Umso fester sitzt er duch den Zuspruch des Obersten Führers Ali Chamenei und der mächtigen Revolutionsgarden im Sattel. Doch es gibt einen Wermutstropfen, er kann nicht reisen. Durch seine Beteiligung an den Todesurteilen gegen Tausende Iranerinnen und Iraner in den 80er Jahren, wird er auf internationalen Sanktionslisten geführt und unterliegt Einreiseverboten. Um ihn dennoch international besser zu positionieren versucht das Regime befreundete Staaten wie Oman, Katar, Russland, Irak, Syrien und Indonesien dazu zu bewegen, Raisi auf einen Staatsbesuch einzuladen. Erfolgreich waren diese Angesuche jedoch noch nicht.
Warum hat Chamenei auf diesen Mann gesetzt?
In einem ausführlicheren Artikel beschreibt der langjährige Iran Beobachter Amir Taheri den neuen Präsidenten mit folgenden Worten:
„Raisi has been created by a network of Mafia-like interests linked to the military-security apparatus that has embraced the Iranian-nation, sucking its vital energies, as a poison ivy that could kill a towering oak with a tight embrace.“
Raisi ist diesen Worten zufolge das Gesicht eines todbringenden und machtgierigen Netzwerks, das den Menschen in Iran alle Lebensenergie raubt. Dieses Netzwerk stammt aus der nord-östlichen Provinz Chorasan und ist aufs Engste mit den Revolutionsgarden verflochten. Einer seiner größten Förderer in diesem Netzwerk ist der Freitagsprediger von Maschad, Ahmad Alamolhoda, der zugleich sein Schwiegervater ist. Dieser gilt als Fackelträger des religiösen Fundamentalismus. Zusammen mit Männern wie Mohammad Ali Ramin, Said Dschalali, Hassan Abbasi, Morteza Aminnia, Said Ghassemi, Nader Talebzadeh oder Madani Gonabadi sind sie der Kern einer Organisation namens Manschour rohaniat va Islam amricai (in etwa „Widerstandsfront gegen den amerikanischen Islam“). International ist diese Netzwerk vor allem mit dem Kreis um den russischen Politologen Alexander Dugin verbunden. Dugin reist öfter in den Iran, um Leute wie den Filmemacher Nader Talebzadeh zu treffen.
Die Männer dieses Netzwerks arbeiten unermüdlich daran das System (Velajat-e faghi) zu stützen und alle Gegner verbal und physisch anzugreifen und auszuschalten. Sie sind dem Obersten Führer gegenüber absolut loyal und gehorsam. Diese Männer haben immer wieder dafür gesorgt, dass Kritik, Proteste und offener Aufruhr blutig und brutal unterbunden werden.
Auf Grund der Repressionen, der weit verbreiteten Korruption, des wirtschaftlichen Missmanagements und der harten Sanktionen durch westliche Länder ist die Gesellschaft in Iran unter starkem Druck. Der Grad an Unzufriedenheit mit dem Regime an sich ist sehr hoch. Immer wieder flammen Proteste auf, die das Regime prompt und hart abgewehren muss, um nicht die Macht zu verlieren. Hier lauert die Gefahr für das Regime: die Sicherheitskräfte müssen ausnahmslos jeden Widerstand brechen. Wenn sich nur ein großer Demonstrationszug gegen das Regime durchsetzen sollte, könnte das das Ende des Regimes bedeuten.
Chamenei und sein Apparat brauchen einen loyalen Präsidenten, bei dem man sicher sein kann, dass er Blutvergießen nicht scheut. Dafür scheint Ebrahim Raisi der richtige Mann zu sein. Die beiden vorhergehenden Präsidenten Ahmadinedschad und Rohani hatten ein allzu starken Eigenwillen, der auch manchmal im Kontrast mit den Erwartungen des Obersten Führers stand.
Obwohl den Regimevertretern klar gewesen sein wird, dass Raisi sich nicht vom iranischen Boden wird bewegen dürfen, haben sie ihm den klaren Vorzug für das Amt gegeben. Raisi gehört zum richtigen Machtnetzwerk und er scheut sich nicht Menschenleben zu vergießen. Um den unruhigen Zeiten mit der eigenen Bevölkerung, dem Druck der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf die Nuklearverhandlungen und der Entschlossenheit Israels in Bezug auf Iran entgegenzutreten, braucht das Regime Ebrahim Raisi.
© mehriran 2021, Helmut N. Gabel
zu Mohammad Ali Ramin: https://www.rferl.org/a/Ahmadinejads_Holocaust_Adviser_Named_Deputy_Culture_Minister_/1867427.html & https://facesofcrime.org/profile/187/mohammad-ali-ramin/ & http://www.eslam.de/begriffe/r/ramin_mohammad-ali.htm
zu Said Dschalali: https://www.tehrantimes.com/news/452423/Saeed-Jalili-says-Iran-China-partnership-will-neutralize-U-S & https://de.wikipedia.org/wiki/Said_Dschalili
zu Said Ghassemi: https://www.memri.org/reports/former-irgc-general-saeed-ghasemi-we-trained-mujahideen-bosnia-rouhani-zarif-salehi-should
zu Hassan Abasi: https://de.wikipedia.org/wiki/Hassan_Abbasi & http://www.memri.de/uebersetzungen_analysen/2005_03_JAS/iran_abbasi_29_08_05.html & https://mehriran.de/artikel/hassan-abbasi-die-uncharmante-stimme-irans.html
zu Nader Talebzadeh: https://en.wikipedia.org/wiki/Nader_Talebzadeh & https://www.tehrantimes.com/news/409460/Popular-Front-of-the-Islamic-Revolution-comes-into-existence & https://home.treasury.gov/news/press-releases/sm611 & https://iranprimer.usip.org/blog/2021/sep/17/sanctions-hezbollah-and-irgc-networks
zu Alexander Dugin:
https://mehriran.de/artikel/erst-kam-putin-dann-kam-dugin-in-den-iran.html
zu den Atomverhandlungen:
zu Velayat-e faghi:
https://www.britannica.com/place/Iran/Government-and-society#ref783951