mehriran.de – Endzeitvisionäre aus Russland und dem Iran proben den Schulterschluss in Qom. Neue Phase im Machtkampf zwischen Khamenei und Rafsandschani.
mehriran.de – Im Poker um die zukünftige Macht im Iran ist die letzte Schlacht noch nicht geschlagen. Aus den letzten Wahlen gingen die Reformer und US-Befürworter um Rohani und Rafsandschani gestärkt hervor. Doch die Hardliner suchen jetzt den Schulterschluss mit russischen Kräften. Während Rafsandschani, Rohani, Zarif und andere Mitglieder des Establishments im Iran für eine Öffnung Irans gegenüber dem Westen und vor allem gegenüber den USA plädieren, stemmen sich die Hardliner um den Obersten Führer Khamenei gegen den Abbruch der Feindschaft gegenüber dem „großen Satan“ USA und stärken ihre Verbindungen zu Russland auf verschiedenen Ebenen.
Rafsandschani wieder Zielscheibe Khameneis
In einem Tweet von Hashemi Rafsandschani hieß es kurz nach den Wahlen im Iran „Die Welt von Morgen wird geprägt sein durch Gespräche und Verhandlungen, es wird nicht die Welt der Raketen sein.“ Das betrachten Hardliner als Verrat an der Revolution. Wenige Tage danach sprach Khamenei vor einer Gruppe von Maddah[1]. Sie dienen dem Regime als rhythmische Einpeitscher von Massen – manchmal um Massen im Allgemeinen aufzuputschen und manchmal zu spezifischen Anlässen, wenn es darum geht bestimmte Gruppen anzugreifen. Die Maddah putschen dann paramilitärische Bassidschi durch Hetzreden und vor allem rhythmische Rezitationen gegen vermeintliche Gegner und Verräter auf. Khamenei nahm indirekt Bezug auf den Tweet ohne den Namen Rafsandschanis zu erwähnen und folgerte: „Leute, die so etwas von sich geben, sind entweder nicht ganz bei Sinnen oder sie sind Verräter.“ Ali Khamenei träumt nach wie vor von der andauernden Revolution in Feindschaft zum „dekadenten Westen“und mit ihm verschiedene Hardliner, die ihre messianische Vorstellungen zu einer Ideologie der Strafe und Zerstörung für jeden Andersdenkenden stilisiert haben, um letztlich die Welt für die Wiederkunft von Jesus und den 12. Imam vorzubereiten. Und da es in einer Überlieferung heisst, dass die beiden im Augenblick der größten Ungerechtigkeit und des grausamen Blutvergießens auf Erden wiederkehren werden, fühlen sie sich verpflichtet alles für eine Verschärfung von Krisen und Chaos in der Welt zu tun.
Ein Abgeordneter des Parlaments aus Khorasan, Mohammad Javad Karimi Qoddousi, der auch Herausgeber eines Online Magazins, Bultan News, ist, gilt als Scharfmacher und ewiger Revolutionär. Er gilt als scharfer Kritiker des Atomabkommens und fordert Außenminister Zarif immer wieder auf, Details der Verhandlungen Preis zu geben und sich für die Verhandlungen zu rechtfertigen. Qoddusi bezeichnet Zarif als Verräter der Revolution und als Barjâm (jemand, der mit 5+1 konversiert hat). Nach Khameneis Rede vor den Maddah, forderte er das Ministerium für Sicherheit und Information auf endlich Dokumente zu veröffentlichen, die Rafsandschani als Verräter zeigen, um seine politische Laufbahn endlich zu begraben.
Dies kann als Gegenangriff gewertet werden, da die Hardliner schwach aus den Wahlen hervorgegangen sind. Khamenei fürchtet, dass Rafsandschani wieder Macht im Wächterrat gewinnt, der den nächsten Obersten Führer bestimmen wird und auch den aktuellen Führer absetzen könnte. Qoddusi zeigt sich als treuer Kettenhund, der bellt, wenn es brenzlig wird für den Hofstaat des Führers.
Nach Putin reist Dugin in den Iran
Im November 2015 reiste Präsident Putin in den Iran. Dort schloss er angeblich Wirtschaftsvorverträge bis zu 21 Milliarden Dollar ab. Nebenbei ging es auch um Syrien. Putin durfte sich von Khamenei ein Lob mitnehmen für Russlands „konstruktive Rolle“ im Konflikt mit den Schergen des sogenannten IS (Daesh).
Auf Einladung einiger Köpfe um das inoffizielle Sprachrohr Khameneis, die Tageszeitung Kayhan, kam Ende März Alexander Dugin (im Anhang haben wir einige Links aufgeführt, die ein umfassendes Bild zu Dugin ermöglichen. Weniges gibt es auf Deutsch, einiges mehr auf Englisch und ganz aktuell Berichte von seinem Aufenthalt im Iran auf Persisch), ein illustrer Kommentator politischer Ereignisse, Autor, Ideologe und Endzeitpropagator in den Iran.
In Begleitung Payam Fazlinedschads[2], Mehdi Nassiris[3], Nader Talebzadehs[4] und anderen Kayhan und Khamenei nahe stehenden Ideologen reiste er nach Qom, der theologischen Hauptstadt der Schiiten. Im Farhangestan Ulumeh-Eslami in Qom[5] (Kulturzentrum für Islamwissenschaften) soll er diesen Satz ausgesprochen haben: “ Ich bin froh und sehr stolz darauf, im Zentrum der Kampfbemühungen gegen die Moderne zu sein. Für mich ist die Moderne gleich zu setzen mit Satanismus, Teufelsanbeterei!“ Darüberhinaus führte er aus, warum er eine strategische Partnerschaft zwischen Russland und Iran gut heisst., denn beide seien gegen den „US-Amerikanischen“ Einfluss in der Welt. „Wir sind am Ende der Geschichte angelangt, weil die Welt an einem Höhepunkt der Dekadenz angelangt ist“, führte er weiter aus. In dieser Aussage kann man den Grund sehen, warum Dugin in den Iran eingeladen wurde.
Rohani reist nicht nach Österreich
In dieser Phase sagte Präsident Rohani eine geplante Reise nach Wien ab. Scheinbar störte er sich an einer geplanten Demonstration von Regimegegnern in Wien. man kann vermuten, dass dieser Grund offiziell vorgeschoben wurde, doch könnte es auch sein, dass Rohani in dieser heiklen Phase der Angriffe gegen Rafsandschani, nicht außer Landes reisen wollte. Immerhin hatte es ja in Paris während seines Besuches auch Proteste gegeben. Seine Reise nach Pakistan, während des Anschlags in Lahore, fand auch statt. Khamenei werden die vielen Reisen Rohanis ins Ausland irritieren. Er fürchtet zu viele Kontakte mit den USA, möchte lieber, dass die Maddah die Bassidschi auf eine revolutionäre Haltung einschwören. Doch die Dekadenz, die Dugin im Chor mit den Hardlinern Irans dem Westen unterstellt, findet sich auch unter den Mullahs im Iran. Vor kurzem fiel ein Mullah bei seinen Schwiegereltern in Ungnade. Diese hatten einige Gespräche ihres Schwiegersohns Mohammed Reza Anhâri aufgezeichnet. Anhâri, Leiter eines Instituts, das mit dem Zentrum für Religionen und Weltanschauungen (Moasseseyeh Adyan va Feragh) verflochten ist, war einer der treibenden Kräfte in der Beschuldigungskampagne gegen den Alternativmediziner Mohammed Ali Tâheri. Die Aufzeichnungen belegen, dass er zusammen mit seinem Vater gewinnbringend einen Prostituiertenring führte. Er sah sich daraufhin gezwungen, von seinem Posten beim Institut zum Schutz der Gesellschaft vor den Anhängern und den Lehren Tâheris[6] zurück zu treten.
https://www.youtube.com/watch?v=-Fxaj8aT7Dw (Bericht auf Persisch)
https://www.youtube.com/watch?v=BFURoXeLKqg (Bericht auf Persisch)
4threvolutionarywar.wordpress.com/2016/04/02/dugins-guideline-the-day-of-iran/
islam-freemasonry.com/2015/03/23/traditionalism-politics-and-islam-today/
Alexander S. Duff in the American Interest über Heidegger, Fardid und Dugin: www.the-american-interest.com/2016/02/25/heideggers-ghosts/
Alexander Dugin, ein ehemaliger Politikprofessor der Moskauer Lomonossow-Universität und Mitbegründer der Nationalbolschewistischen Partei und später Gründer der Eurasischen Partei.
„Wir haben dem Liberalismus einen globalen Dschihad erklärt, da der Liberalismus ebenfalls ein Kreuzzug gegen die Menschlichkeit ist.“
Timo Stein über Dugin www.cicero.de/weltbuehne/eurasische-fantasien-die-antiwestliche-ideologie-putins-russland/58989
Silvio Duwe über Dugin www.heise.de/tp/artikel/44/44342/1.html
Boris Kálnoky in Die Welt www.welt.de/politik/ausland/article136928614/Putin-Ideologe-Dugin-will-Oesterreich-aufloesen.html
Krzysztof W. Rath in Vice
Dugins Vater war vermutlich ein Geheimdienstoffizier, der Groß- sowie Urgroßvater waren Militärs. Er selbst flog 1983 vom Staatlichen Luftfahrtinstitut, die Gründe sind umstritten. Einer von ihm selbst verbreiteten Legende zufolge hatte er aufgrund seiner familiären Beziehungen Zugang zu geheimen KGB-Archiven und studierte dort verbotene Literatur zu Themen wie Freimaurerei, Faschismus und Paganismus. Mit Sicherheit aber schloss er sich in dieser Zeit dem okkultistischen Mamleew-Zirkel an. Der Fantasy-Autor Yuri Mamleewhatte eine kleine Schar von Mystikern um sich versammelt, die ihre Freizeit im Wesentlichen mit schwarzer Magie, sexuellen Ausschweifungen, hartem Alkohol und rechtsradikaler Esoterik verbrachte. Die Männer nannten sich selbst ‚Schwarzer Orden der SS‘. Hier lernte Dugin spätere Mitstreiter wie den Philosophen Evgenij Golovin kennen oder den Islamisten Gaidar Dschemal , aber auch Künstler wie Wenedikt Jerofejew (den Autor von Die Reise nach Petuschki).
Die Vereinigten Staaten stehen, laut Dugin, an der Spitze der Zivilisation der ‚ Atlantiker‚, die ihren Ursprung im sagenumwobenen Atlantis hat. Seefahrerkulturen wie Karthago waren Teil dieser atlantischen Ordnung, die seit Jahrtausenden einen geheimen Krieg gegen die ‚Eurasier‘ führt. Letztere entstammen dem mythischen Land des Nordens: Hyperborea (das schon in der Rassenlehre der NSDAP eine wichtige Rolle spielte). Ihre heutige Zentrale ist Russland.
Die Eurasier, zu denen auch das Römische Reich gehörte, sind seit jeher bodenständige Krieger, die sich ihren Wurzeln und der autoritären Ordnung verpflichtet fühlen. Damit stehen sie im Widerspruch zu den degenerierten Seevölkern, die keine Werte kennen, sondern nur Sodom und Gomorrha. Dieser fundamentale Konflikt rast mit bahnbrechender Geschwindigkeit auf sein Finale zu. Unsere Generation ist auserwählt, den „Endkampf“ zu erleben – einen letzten Weltkrieg.
Christoph Kluge im leverage -magazine
Christian Neef im Spiegel www.spiegel.de/spiegel/print/d-128101577.html
Dugin: Eurasien hat einen globalen Charakter, es ist ein Synonym für Multipolarität. Ich habe Anhänger selbst in Brasilien oder in China – überall dort, wo man gegen die unipolare amerikanische Dominanz ist. In diesem Sinne sind sogar diese Leute Eurasier. Zum engeren Begriff: Eurasien – das sind Russland und seine Partner. Die Türkei, Iran, China, Indien. Der postsowjetische Raum, der sogar die Mongolei einschließt. Und einen Teil Osteuropas – Bulgarien oder Serbien.
In einem Interview beschreibt Dugin seinen eigenen Werdegang und seine Zuordnungen: www.identitaere-generation.info/interview-alexander-dugin/
Klaus-Helge Donath bezeichnet Dugin als neuen Rasputin in der Rheinischen Post Online www.rp-online.de/politik/ausland/alexander-dugin-russlands-neuer-rasputin-aid-1.4893318
Kerstin Holm in der FAZ
www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/auf-diesen-mann-hoert-putin-12991924.html
Andrey Tolstoy and Edmund McCaffray
www.worldaffairsjournal.org/article/mind-games-alexander-dugin-and-russia’s-war-ideas
Mind Games: Alexander Dugin and Russia’s War of Ideas
Klaus-Helge Donath in der TAZ www.taz.de/!5044325/
Dugin, der Wanderprediger
Messianisches Russland und faulender Westen
Kurzum: Der faulende Westen steht einem messianischen Russland gegenüber, das sich für dessen mentale und geistige Erneuerung bereithält. Die orthodoxe Kirche übernimmt den Part der spirituellen Unterweisung und gibt Anleitung zur sich selbst bescheidenden Demut. Die Weltordnung gleicht in diesem Konstrukt einem „Spinnennetz“ (Dugin), in dem das Gegeneinander von Freund und Feind erst Dynamik generiert. Unschwer zu erkennen, dass die geistigen Väter dieser Gedankenwelt im antidemokratischen Denken der Weimarer Republik beheimatet sind. Blaupause ist die „konservative Revolution“ der 1920er, die der Wegbereiter des Nationalsozialismus war.
Wahid Azal in counterpunch
Chaos Magic as the True Duginist weltanschauung
The misanthropic ideas of British occultist and satanist Aleister Crowley (d. 1947) do however inform both the Duginist world view and its contemporary praxis. Indeed it is within the worldview of Chaos magic specifically (which is a spawn of Crowley’s Thelemic philosophy) where much of the paradoxes and seeming contradictions of the Duginist weltanschauung – and especially in its Fourth Positionist catchall of ‘beyond right or left’ – must be sought, since this is (whether explicitly articulated or not) the actual animating locus of the Duginist far-right praxis, beginning with its choice of symbology, i.e. his Eurasian flag of eight white or yellow thunderbolts (or arrows) shaped in a radial pattern and set behind a black background. This symbol by itself is alternatively referred to in Chaos magic as the ‘wheel of chaos’, ‘the symbol of chaos’, ‘arms of chaos’, ‘the arrows of chaos’, ‘the chaos star’, ‘the chaos cross’, ‘the chaosphere’ or ‘the symbol of eight’. Somewhat reminiscent of the Thule Society and then Hitler’s own appropriation of the swastika from the writings of Theosophical Society founder H.P. Blavatsky (d. 1891), Dugin derives his design from the popularizations of it made by western Chaos magicians during the 1970s-1980s who themselves appropriated it from the work of British science fiction and fantasy novelist Michael Moorcock.
www.thenewamerican.com/reviews/books/item/22324-a-review-of-dugin-s-last-war-of-the-world-island
James Heiser, A Review of Dugin’s „Last War of the World-Island“
[1] alischirasi.blogsport.de/2016/03/14/iran-der-ajatollah-und-der-trauerredner/
und mehriran.de/artikel/das-lumpengesindel-singt-elegien.html
[2] Payam Fazlinedschad arbeitet für das Kayhan Institut, das immer wieder Hetzschriften gegen unterschiedliche Gruppierungen herausgibt.
[3] Mehdi Nassiri war Vorgänger Hossein Schariatmadaris im Amt des Herausgebers von Kayhan. Nassiri gilt als Hardliner. Er verteidigt die Kleriker, die Ibn Arabi als Ungläubigen bezeichnen. Das ist eigentlich ein Sakrileg im Iran, denn der Revolutionsgründer Ayatollah Khomeini hat Ibn Arabi (Konzept der Einheit des Daseins) hoch geschätzt. An diesem Beispiel kann man sehr gut sehen, wie die Hardliner den ursprünglichen Geist und die Richtung der Revolution pervertiert haben. Äußerlich tun sie als würden sie Khomeini ehren, doch gehen sie eigentlich gegen die Lehren Khomeinis.
[4] Nader Talebzadeh ist ein iranischer Regisseur. Sein bekanntester Film heisst „Der Messias“.
[5] Direktor des Farhangestan Ulumeh-Eslami in Qom ist Mohammed Mehdi Mirbagheri.
[6] Moasseseyeh Nedschâte as al- Halghe