Apokalyptische Ziele

Apokalyptische Ziele

Apokalyptische Ziele: Interview mit dem franko-iranischen Journalisten Armand Shahbazi über die Appeasement-Politik der Europäische Union und die apokalyptischen Ziele der Islamischen Republik Iran.

mehriran.de: Sie sind ein unabhängiger Journalist, der weitreichende Hintergrundrecherchen über das Regime in Iran und seine Aktivitäten in den Staaten der EU durchgeführt hat. Welche Ergebnisse haben ihre Recherchen geliefert?

Armand Shahbazi: Die Europäische Union wurde zur Erhaltung von Frieden, Stabilität und zur Sicherung von Demokratie von seinen Mitgliederstaaten gegründet. Währenddessen hat die Islamischen Republik Iran paradoxerweise das Ziel, die westlichen Demokratien zu vernichten.

Apokalyptische Ziele

Dieses apokalyptische Ziel ist Kern dieses Regimes und fest verankert in seiner Ideologie. Die Islamische Republik Iran versteht sich im Kampf gegen den Westen. Dafür nutzt das Regime die Verletzlichkeit unserer Demokratien, um seinen Einfluss in Europa auszuweiten. Das Regime geht über breit angelegte Lobby-Aktivitäten, wirtschaftliche Initiativen und manchmal verborgenere Aktionen vor, mit dem einzigen Ziel unsere Gesellschaftsordnung zu untergraben. Die Europäische Union muss begreifen, dass mit Iran keine wahrhafte Diplomatie möglich ist.

In Wahrheit orchestriert die Quds-Brigaden die Außenbeziehungen des Regimes. Die Quds-Brigaden ist ein Teil der Revolutionsgarden, die unmittelbar unter dem Befehl des Obersten Führers stehen. Auch wenn sich ihre Aktionen darauf beschränken, unsere Demokratien zu destabilisieren, wie wir es in Frankreich beobachten können, ist es sehr gut möglich, dass diese eingeschleusten Kräfte auf europäischem Boden Militäraktionen im Stil der Attacken vom 7. Oktober durchführen kann.

Die Jahrzehnte einer laxen Haltung zum Regime in Iran haben nichts als eine Stärkung seines Einflusses und seiner schädlichen Einwirkungen bewirkt. Ich halte es für eine beunruhigende Tatsache, dass wir es im Westen immer noch nicht geschafft haben, die Revolutionsgarden (IRGC und deren Auslands Teilorganisation Quds-Brigaden) auf die Terrorliste zu setzen.

Die französische Gesellschaft tief durchdringen

mehriran.de: Welche Details oder spezifischen Beispiele aus Frankreich können Sie ihren Beschreibungen hinzufügen?

Armand Shahbazi: Die Jahrzehnte der Nachsicht gegenüber dem Regime in Iran haben seinen Agenten Raum gelassen, sich tief in die französische Gesellschaft einzunisten. Sie haben sich in diversen Sektoren wie der Politik, den Medien, den religiösen und kulturellen Bereichen, in Vereinen und in der akademischen Welt eingerichtet.

Rima Hassan, Abgeordnete des Europäischen Parlaments für die französische Parteienbündnis „La France Insoumise

Im Irak oder in Syrien interveniert das Regime militärisch, aber im Westen nutzen sie die Krisen hier und die inneren Schwächen, um ihren Einfluss zu steigern. Sie nutzen soziale Verwerfungen, um ihre Propaganda zu verbreiten, Meinungen über soziale Medien zu manipulieren und universitäre Kreise zu unterwandern. Sie finanzieren bestimmte politische Bewegungen oder Persönlichkeiten, wie die mediale Unterstützung für die Iran freundliche Abgeordnete des Europäischen Parlaments Rima Hassan. (Mehr Infos zu Rima Hassan auf Deutsch)

Die Islamische Republik versucht auch Zwietracht und Uneinigkeit in Frankreich zu säen, indem sie Anti-Westliche Netzwerke aufbaut, um das Land von Innen zu schwächen.

Apokalyptische Ziele
Apokalyptische Ziele. Alireza Panahian, einflussreicher Ideologe.

Ein einflussreicher Regime-Ideologe, Alireza Panahian, streut zum Beispiel, dass „die Muslime sind in Frankreich in Gefahr“ und dass „Frankreich Muslime benachteiligt“. Er hat dazu aufgerufen, das Tragen des Kopftuchs für Frauen in Frankreich wie in Iran zu verteidigen, um in Europa eine ideologische Unterstützung zu mobilisieren.

Dem Einfluss etwas entgegensetzen

mehriran.de: Vielleicht ist es schon zu spät, aber was sollten Ihrer Meinung nach Verantwortliche in Politik, Soziologie, Wirtschaft und Verwaltung tun, um diesem Einfluss etwas entgegenzusetzen?

Armand Shahbazi: Es ist nie zu spät, um zu handeln, aber es gebietet sich, dass die Behörden schnell und koordiniert handeln.

Die Europäische Union muss jetzt zeigen, dass sie wachsam ist, um zu verhindern, dass das Regime in Iran sich zu seinem Vorteil weiter in die wirtschaftliche und soziale Netze Europas einmischt. Iran versucht seine diplomatischen und wirtschaftlichen Verbindungen in die EU dafür zu nutzen, Sanktionen zu umschiffen, um diskret seine Nuklearziele weiterzuverfolgen.

Ich bin sehr froh, dass Deutschland den Ernst der Lage erkannt hat. Im Gegensatz dazu finden Säulen der herrschenden Ideologie in Iran wie Populismus, Antisemitismus und Anti-westliche Haltungen ein Echo in Europa. Daher ist es dringlich, Bürger und Akademiker in Europa über die Risiken und Gefahren durch den Einfluss des Regimes in Iran zu sensibilisieren.

Die aktuellen Massnahmen gegen die Hamas, verschaffen dem Regime in Iran eine Gelegenheit seinen Einfluss zu verstärken. Sie nutzen dafür gemeinsame Interessen von Islamisten und einigen radikalen Linken. Unsere Geheimdienste müssen ihre Bemühungen verstärken, diese Unterstützungsnetzwerke zu identifizieren und lahm zu legen, während unsere verantwortlichen Politiker den Mut haben müssen, sie auflösen zu lassen.

Vahid Beheshti bei einer Konferenz

Ein Beispiel für Gegenwehr gibt Vahid Beheshti, Leiter des Oppositionskanals DorrTV, der 72 Tage im Hungerstreik war und seinen Kampf fortsetzt, um die Revolutionsgarden auf die Liste der Terrororganisationen schreiben zu lassen.

Allerdings komplizieren die Angst vor einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen und die Streitigkeiten innerhalb von Europa, vor allem nach dem Brexit, diese Vorgehensweise.

Apokalyptische Ziele
Apokalyptische Ziele. Josep Borrell unterstützt Wirtschaftsbeziehungen zum Regime in Iran.

Josep Borrell, noch Vizepräsident der Europäischen Kommission, verteidigt aus wirtschaftlichen Gründen die Beziehungen zu Iran. Er bremst diesen Vorgang zusätzlich aus. Und das, obwohl das Regime in Iran seine Bevölkerung unterdrückt, Israel bedroht und nachdem es so viele Ungeheuerlichkeiten in Syrien und im Irak begangen hat. Diese Nachgiebigkeit gegenüber dem Regime erscheint in den Augen der öffentlichen Meinung in der ganzen Welt mehr und mehr wie eine Art Komplizenschaft.

Apokalyptische Ziele
Apokalyptische Ziele. Wird es Kaja Kallas gelingen, den Revolutionsgarden klare Signale zu schicken?

Ungeachtet dessen entwickeln sich die Dinge. Kaja Kallas wird Kopf der europäischen Diplomatie, was eine entscheidende Wende darstellen könnte. Ich bin überzeugt, dass politischer Mut zum Erfolg führen wird. Zum grossen Teil dank der dauerhaften Einsätze der Akteure der „Frau, Leben, Freiheit“ Bewegung, welche die Hoffnung für nachhaltige Änderungen in sich tragen.

Übersetzung aus dem Französischen. ©Helmut N. Gabel, mehriran.de

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Kritisch zum Regime. Hintergründe, Fotos, Berichte zu Iran. Positiv zu Land und Leuten.